Wer für den Frieden demonstrieren darf und wer nicht – und was Jesus dazu meint

Wer für den Frieden demonstrieren darf und wer nicht – und was Jesus dazu meint

März 21, 2023 0 Von Christfried Lenz

Es ist sehr gut, dass Sarah Wagenknecht und Alice Schwarzer mit ihrem Manifest all jenen Menschen eine Stimme gegeben haben, die in Waffenlieferungen an die Ukraine keinen Schritt in Richtung Frieden, sondern Verlängerung des Tötens und Zerstörens sehen. Eine halbe Million hat das Manifest innerhalb einer Woche unterzeichnet, und das sind bei weitem nicht alle, die dankbar für es sind und es unterstützen.

Den Gegnern des Manifests fehlen Argumente, die begründen könnten, dass machtvolles Verlangen nach Frieden falsch ist. Sie versuchen daher, durch einen Seitenangriff die Aktion in Misskredit zu bringen: dass Mitglieder der AfD und ihres Umfeldes das Manifest unterzeichnet und sich an der Kundgebung am Brandenburger Tor beteiligt haben, zeige, dass die Sache „rechtsoffen“ und aus diesem Grund abzulehnen sei.

“links” und “rechts”: heute inhaltslose Worthülsen aus einer vergangenen Epoche
Die Begriffe politisch „rechts“, bzw. „links“ sind im 19. Jahrhundert im Klassenkampf zwischen Proletariat und Bourgeoisie entstanden. Die Vertreter der Arbeiterklasse setzten sich im Parlament auf die linke Seite, die der Kapitalistenklasse auf die rechte.

Das Hauptunterscheidungsmerkmal bestand darin, dass die Rechten den bürgerlichen/kapitalistischen Staat unterstützten, während die Linken ihn als Herrschaftsorgan des Kapitals ablehnten und eine Gesellschaftsform anstrebten, in welcher die arbeitenden Menschen die politisch dominierende Kraft sind. Zugespitzt wurde dies als „Diktatur des Proletariats“ bezeichnet.

Nach Jahrzehnten bemerkenswerter Erfolge unterlag die Arbeiterklasse in Form des Zusammenbruchs und der Selbstaufgabe der Sowjetunion. Seitdem gibt es noch gewerkschaftliche Verteilungskämpfe, der politische Klassenkampf um die Vorherrschaft in der Gesellschaft ist vorbei. Die Kategorien „rechts“ und „links“ sind daher nur noch Worthülsen aus einer vergangenen historischen Etappe und haben keinerlei aktuellen Gehalt mehr. – Oder tritt die Partei, die sich „Die Linke“ nennt, etwa für die Errichtung der Diktatur des Proletariats ein??

Im Mund geführt werden die einstigen Begriffe noch. Die Gedankenlosigkeit, mit der das geschieht, geht so weit, dass es zur direkten Umkehr einstiger Bezüge kommen kann. So sind diejenigen, die sich heute für „links“ halten, vielfach die gehorsamsten und ergebensten Anhänger und Unterstützer des kapitalistischen Staates, während solche, die als „rechts“ klassifiziert werden, kritikbereit und rebellisch sind. Das war im Zuge der von Lug, Trug und krimineller Energie durchsetzten Corona-Kampagne zu beobachten und auch jetzt, wo „Linke“ kriegsverlängernde Waffenlieferungen fordern und „Rechte“ für Frieden demonstrieren. Früher war es umgekehrt: die Rechten waren für Krieg, für die Arbeiterbewegung war Frieden stets das oberste Gut.


Falschpositionen der AfD kein Grund für die „Altparteien“ sich als die “Besseren” zu fühlen

Die Dummheit, mit der die AfD den menschengemachten Klimawandel ableugnet, übersteigt jedes Vorstellungsvermögen. – Oder ist es eher Angst vor tiefgreifenden Änderungen, die fällig werden, wenn man den Klimawandel als Faktum anerkennt, also „Vogel-Strauss-Politik“?

Und zur Flüchtlingspolitik: ist es Grausamkeit oder/und auch wieder Angst – diesmal vor dem Fremden, das die Abschottung in der „Heimat“ gefährdet? Die Ursachen der Migration werden systematisch ausgeblendet. Sonst käme man ja darauf, dass wir Europäer selbst dafür verantwortlich sind! Der aus Europa kommende „weiße Mann“ hat die Länder im Süden derart ausgebeutet und zugrunde gerichtet, dass man dort nicht mehr leben kann. Gegen die Profiteure dieser Zerstörungen wendet sich die AfD nicht. Den Opfern noch zusätzlich ins Gesicht treten, das kann sie. „Nach oben buckeln, nach unten treten“ – die AfD ist eine Radfahrerpartei.

Aber die „Altparteien“ sollen sich davon nicht gebauchpinselt fühlen! Sie sind es, die – ausgehend von besten Vorsätzen nach dem 2. Weltkrieg – unter der Ägide des Kapitals die Entwicklung bis zur heutigen Umwelt- und Klimamisere und jetzt auch noch bis zum Krieg begleitet und der Bevölkerung verkauft haben.


Käßmanns Selbstgerechtigkeit: Verrat an Jesus

Die ehemalige Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Margot Käßmann, hat das Manifest zwar unterzeichnet, kritisiert aber, dass die Organisatorinnen der Berliner Kundgebung, Wagenknecht und Schwarzer, sich nicht gegen die Teilnahme von AfD-Anhängern und sonstigen als „rechts“ verorteten Menschen ausgesprochen hatten.

Tatsächlich haben Wagenknecht und Schwarzer die Kundgebung so geregelt, wie es jeder Aktionseinheit entspricht: Unzulässig ist Propaganda, die vom gemeinsamen Aktionsziel abweicht. Alle sich beteiligenden politischen Richtungen müssen sich dementsprechend zurückhalten. Was aber der Einzelne in seinem Innern denkt, darauf kann es schlechterdings keinen regulatorischen Zugriff geben.

An dieser Stelle geht Käßmann nun einen erstaunlichen Schritt weiter: „AfD-Anhänger, rechte Kräfte, Neonazis, die haben hier nichts zu suchen, die sind unerbeten, unerwünscht“ sagte sie im Interview. Ihnen soll also regelrecht verboten werden, für den Frieden zu demonstrieren. Käßmann maßt sich an, die Gesinnung von Menschen kontrollieren und dann auch noch in “erlaubt” oder “unerlaubt” einteilen zu können. – Ungeheuerlich! – Und welch ein Abgrund zu dem, dessen Namen sie in der Kirche im Munde führt!

Vermutlich fühlt sich Käßmann hoch erhaben über jene als „rechts” bezeichneten Menschen, die in ihren Augen nichts weiter als üble Sünder sein können. – In Jesu Umgebung galten die Zöllner als üble Sünder. Jesus schickte diese aber nicht weg, sondern gesellte sich zu ihnen. Als Moralprediger eine “Sünderin” (vermutlich eine Prostituierte) steinigen wollten, sagte Jesus “Wer von euch ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein.” Und als allgemeinen Ratschlag verbreitete er: „Bevor du den Splitter aus deines Bruders Auge ziehst, ziehe den Balken aus deinem Auge.“