Klimaschutzgegner im Argumentationsnotstand

Klimaschutzgegner im Argumentationsnotstand

November 8, 2022 1 Von Christfried Lenz

• In Berlin wird eine Fahrradfahrerin von einem Betontransporter überrollt und schwer verletzt.

• Notärztin und Ersthelfer befreien die Verletzte von dem Fahrzeug. Sie wird von der Ärztin behandelt.

• Danach trifft ein Spezialgerät zum Anheben des LKW ein – etwa 7 bis 9 Minuten verspätet wegen eines Staus auf der Autobahn. Dieser wurde verursacht, indem die Polizei zwei Fahrspuren sperrte, um zwei Aktivisten der „Letzten Generation“ von einer Schilderbrücke zu holen, wo sie für Reduzierung des Autoverkehrs demonstrierten. Die Polizei war über die Aktion informiert und gebeten worden, eine Umleitung einzurichten (https://taz.de/Letzte-Generation-ueber-Medien/!5892961/).

Aus einem „Internen Vermerk“ der Feuerwehr zitiert die Süddeutsche Zeitung:

• Die Notärztin habe bereits entschieden gehabt, dass der Betonmischer nicht angehoben werden solle. Auch wenn das Bergungsfahrzeug rechtzeitig am Unfallort angekommen wäre, hätte sie es nicht hinzugezogen, da sich die medizinische Situation durch das Anheben wohl verschlechtert hätte (https://www.t-online.de/region/berlin/id_100075206/klima-blockade-in-berlin-hatte-keine-auswirkung-auf-verstorbene-radfahrerin.html ).

So weit die Fakten.

Als der Hirntod der Verletzten bekannt wird, legen all diejenigen los, denen der Kampf für mehr Klimaschutz, den die „Letzte Generation“ ernsthafter, konsequenter, dringlicher als die meisten anderen führt, schon lange ein Dorn im Auge ist.
• Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD): »Wenn Straftaten begangen werden und andere Menschen gefährdet werden, ist jede Grenze legitimen Protests überschritten. … Die Straftäter müssen schnell und konsequent verfolgt werden.«
• Katja Mast, Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion: »in Berlin kamen Rettungsfahrzeuge nicht rechtzeitig zu einer lebensbedrohlich Verletzten … Ich persönlich finde, dass die Justiz mit Wiederholungstätern hart ins Gericht gehen muss.« (https://www.spiegel.de/panorama/berliner-radfahrerin-nach-unfall-hirntot-druck-auf-klima-aktivisten-steigt-a-1e33ffee-ecd4-47f0-8683-e5c8c696ff79)

Zwischen dem Stau auf der Autobahn und dem tödlichen Ausgang des Unfalls mit dem Betonfahrzeug besteht keinerlei Zusammenhang. Die Sache wird aber in einer Weise dargestellt, dass ein Schein des Verdachts auf die „Letzte Generation“ fällt. – Wo etwas zum Indieschuheschieben derart weit hergeholt wird, muss der Mangel an Sachargumenten überwältigend sein!

Das ist er in der Tat. Oder möchte jemand behaupten, dass
• der Aufbau einer LNG-Infrastruktur statt forcierter Energiewende
• die Kippung von Kohle- und Atomausstieg
• zusätzliche Emissionen durch Einsatz deutscher Waffen im Ukraine-Krieg
• Verhinderung, das Ahrtal als Vorbildregion für Erneuerbare Energien aufzubauen
• ständig neue Rekorde von Hitze, Dürre und Bränden
Indizien dafür sind, dass der Klimaschutz bei uns in guten Händen ist und wir uns auf dem Pfad zur Einhaltung der Pariser Beschlüsse bewegen? – Nein.

Hier liegt die Täterschaft, die für eine namenlose Zahl von Toten und für die Zerstörung der Lebensgrundlagen insgesamt verantwortlich ist. Mit dem Bemühen, diejenigen in Verruf zu bringen, die auf die Fehlentwicklungen hinweisen, versucht man, vom eigenen Verursachertum abzulenken.

Wer gegen die „Letzte Generation“ vorgeht, hat sich vom Allgemeinwohl der Gesellschaft abgekoppelt und dient nur jener kleinen Gruppe, die am Fortbestand der fossil-atomaren Energieerzeugung interessiert ist. Den Klimaschutz führt diese zwar im Munde, schreitet aber ein, wenn er in dem Maße verwirklicht werden soll, wie es nötig wäre.

Gut ist aber, dass diese Kräfte die Umstände jenes Verkehrsunfalls in Berlin derart plump verfälschen, dass die Öffentlichkeit leicht erkennen kann, mit wes Geistes Kindern sie es zu tun hat.

Wer sich über gelegentliche Eingriffe in gewohnte Abläufe ärgert, sollte sich dafür einsetzen, dass die klimaschützenden Forderungen der „Letzten Generation“ erfüllt werden und solche Abläufe sich herausbilden, die dem Leben zuträglich sind, statt es zu untergraben. – Dabei könnte man sich sogar auf das Klimaschutzurteil des Bundesverfassungsgerichtes berufen.

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Wir empfehlen sehr die Lektüre des fulminanten und umfassenden Artikels von Hans-Josef Fell zum gleichen Thema mit dem Titel “Die Bundesregierung rügt die „Letzte Generation“ und schafft selbst keinen wirksamen Klimaschutzhttps://mailchi.mp/hans-josef-fell/die-bundesregierung-rgt-die-letzte-generation-und-schafft-selbst-keinen-wirksamen-klimaschutz