Das Gute des Schlechten

Das Gute des Schlechten

März 22, 2025 0 Von Christfried Lenz

Ampel-Regierug plus CDU/CSU-Opposition wollten die Novellierung des CCS-Gesetzes zwecks Ermöglichung des Hochlaufs der CO2-Verpressung unbedingt noch vor der Wahl durchziehen. Das konnten die Kräfte der CCS-Aufklärung durchkreuzen. Dass dies gelang, nährt Hoffnungen. Anscheinend haben logische, sachliche und saubere Argumentationen doch noch Wirkungsmöglichkeiten in diesem Land! Interne Diskussionen der Fraktionen von SPD und Grünen führten dazu, dass die für CCS-Novellierung nötige Mehrheit schwand. Die veraltete, aber immer noch mächtige konventionelle Energiewirtschaft, die mit ihren Irreführungen die öffentliche Meinung normalerweise steuert, erlitt eine Niederlage.

Natürlich muss damit gerechnet werden, dass eine CDU-geführte Regierung CCS erneut auf die Agenda setzt. Dass der Versuch, einen Gaul, der nun schon zwei mal zu Grabe getragen wurde (2012 und 2024) ein drittes Mal aufzuzäumen, ein attraktives Unterfangen ist, darf aber wohl bezweifelt werden.

Dies umso mehr, wenn die CCS-Aufklärung – aufbauend auf ihrem aktuellen Erfolg – nun einen weiteren kraftvollen Schritt nach vorn macht, indem sie die Möglichkeiten, Emissionen an der Quelle zu vermeiden, in den Fokus nimmt. Auch in der Vergangenheit wurde auf diese Möglichkeiten stets hingewiesen. Dies wäre jetzt weiter zu konkretisieren und zu vertiefen.

Gerade auch für die viel zitierte, angeblich mit unvermeidbaren CO2-Emissionen verbundene Zementproduktion gibt es klimafreundliche Alternativen, die bekannt gemacht und gefördert werden sollten.

Hinsichtlich Elektrizität liegt die Alternative voll entwickelt vor. Sonne, Wind und Wasser samt Speicherung, stehen als Hauptsäulen für die hundertprozentige Übernahme der Stromversorgung bereit – klimafreundlich, gesundheitsfreundlich, friedenfördernd und obendrein zu einem Bruchteil der Kosten des konventionellen Systems.

Warum aber wurde auf dieses Paket, das sich von seinem „Vorgängermodell“ ausschließlich durch Vorteile unterscheidet, nicht längst mit beiden Händen zugegriffen? – Es hängt mit den Geschäftsinteressen der konventionellen Energiewirtschaft zusammen und deren oben erwähnten Irreführungen.


In Kooperation mit den Bundesregierungen ist es den Energiekonzernen gelungen, die Energiewende erheblich zu behindern. Wie sie das Potential des CCS hochgelogen haben, so haben sie das Potential der erneuerbaren Energien heruntergelogen. Beispielsweise wurde jahrelang mit großem propagandistischem Aufwand behauptet, die erneuerbaren Energien seien Strompreistreiber. Dahinter stand Folgendes: Der Wälzungsmechanismus der EEG-Umlage wurde 2010 derart geändert, dass die Umlage steil anstieg. Die Stromverbraucher mussten also tiefer ins Portemonnaie greifen. Der schwarze Peter hierfür wurde den Erneuerbaren zugeschoben. Dabei wuchs die Summe der Einspeisevergütungen für die Grünstrom-Produzenten nur moderat entsprechend dem Zubau der Erneuerbaren. Nicht diese waren also die Strompreistreiber, sondern die bewusste Konstruktionsänderung bei der Berechnung der EEG-Umlage.

Auch bei vielen weiteren raffinierten Manövern haben Energiewirtschaft und Politik eng zusammengearbeitet. Besonders bedauerlich ist, dass einem Großteil der Energiewende-Akteure das Spiel, das man mit ihnen trieb, nicht bewusst wurde. Sie glaubten fest, dass die Regierungen für die Energiewende nur das Beste wollen. Kontraproduktive Entscheidungen erklärten sie sich mit mangelnder Sachkenntnis im Regierungsapparat und sahen sich veranlasst, diesem mit ihrer Expertise helfend unter die Arme zu greifen.

Ein Gutes hat sie – die Aussicht auf eine Merz-geführte und entsprechend klimafeindliche Regierung in einem Bundestag, dessen zweitstärkste Fraktion die AfD ist: naives Vertrauen, dass „die Politik“ das Gute will, wird sich bei den Energiewende-Akteuren hoffentlich nicht mehr einstellen. Gleiches gilt für Bürgerbewegungen wie FFF oder Letzte Generation. Auch sie haben sich mit ihren Forderungen stets hilfesuchend an die Regierung gewendet, diese somit als potentiellen Verbündeten betrachtet. Dies dürfte in Zukunft obsolet sein. Nur auf die eigene Kraft wird man sich verlassen können.

Bei der CCS-Aufklärung bestand nie der leiseste Zweifel, dass die Regierung – gemeinsam mit der fossilen Industrie – Gegner und nichts anderes ist. Dadurch kam eine Schärfe und Entschiedenheit in die Auseinandersetzung, ohne die der derzeitige Zwischenerfolg nicht erreicht worden wäre.

Doch die CCS-Verhinderung ist ja kein Selbstzweck! Sie ist Wegräumung des entscheidenden Hindernisses für die vollständige Ablösung des konventionellen Energiesystems durch erneuerbare Energien. Um die 100 Prozent bei den erneuerbaren Energien voll zu machen, bedarf es – weiß Gott – einer noch weit größeren Schärfe und Entschiedenheit als bei der CCS-Verhinderung. – Und es

kommt ein Faktor hinzu, der der allerwichtigste ist: der eigenständige Aufbau erneuerbarer Energien durch einzelne Personen, Familien, Gemeinschaften, Kommunen, Regionen und die jeweilige autonome Organisation der Stromversorgung.

Hiermit kommen wir über die Ebene von Diskussion und Auseinandersetzung hinaus und übernehmen – ganz materiell – Verantwortung für die grundlegende Wirtschaftsbranche, die Energieversorgung. Mit der Verantwortungsübernahme einher geht ein völlig neues Gefühl des eigenen Wertes, der eigenen Bedeutung. Es wird den Umgang mit den Repräsentanten des alten, nicht zukunftstauglichen Systems kennzeichnen.

Auch den zahlreichen Bewegungen für Klima- und Umweltschutz fallen große Aufgaben zu, nachdem mit einer Regierung zu rechnen ist, die Kurs auf die ultimative Katastrophe nimmt. Zur Stärkung dürfte es wichtig sein, die Vielfalt der Initiativen zu erhalten und gleichzeitig Zusammenarbeit und Zusammenhalt zu fördern.

Die Grüne Partei steht wohl vor der Aufgabe, sich neu zu erarbeiten, weshalb sie eigentlich existiert, und von den Linken ist zu hoffen, dass sie sich von dem Arbeitsteilungsmodell, wonach sie für das Soziale zuständig sind und die Grünen für Klima und Umwelt, verabschieden, da es ohne lebensfreundliches Klima und lebensfreundliche Umwelt auch keine sozialen Verhältnisse geben kann.

Der Beitrag erschien am 28.02.2025 im pv-magazine: https://www.pv-magazine.de/2025/02/28/das-gute-des-schlechten/